„The results“ – Wikipedia: Richard Dornseiff

Bereits der spanische Philosoph, Schriftsteller und Literaturkritiker George Santayana wusste Anfang des 20. Jahrhunderts, was uns aus heutiger Perspektive stets vor Augen gehalten werden sollte. In seinem kulturphilosophischen Hauptwerk The life of Reason (1905/6) lassen sich die bezeichnenden Worte „Wer die Vergangenheit nicht kennt, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen“ im Sinne historischer Reflexion als Warnung interpretieren. Seiner Maxime folgend möchte dieser Beitrag eine kleine Rückschau über die enzyklopädische Aufarbeitung der Widerstandsaktivitäten Richard Dornseiffs ermöglichen. Unsere Arbeit liegt auch dem moralischen Anspruch zugrunde, regional situierten Widerstand zu würdigen.

historical research – (not) easy going, right?

Die Recherche über einen konkret nachvollziehbaren Widerstand Dornseiffs stellte sich als äußerst schwierig heraus. Hintergrund hierfür sind die zur Verfügung stehenden Informationen. Sie bestehen ausschließlich aus archivalischem Quellengut wie biographischen Zeitungsartikeln oder Dokumentationen über seinen kulturellen Öffentlichkeitsstatus als Theaterschauspieler, -regisseur und -intendant. Der Nachweis von Aktivitäten explizit im Widerstandskontext erwies sich hingegen als Herausforderung. Nichtsdestotrotz brachte uns der Besuch des Mannheimer Stadtarchivs „Marchvium“ weiter. Während der Sichtung der Archivakten stießen wir auf eine Fotografie, welche wir mit Genehmigung des Marchivums veröffentlichen durften. Allerdings fanden wir keine Ego-Dokumente, also Selbstzeugnisse wie Tagebücher oder private Briefe, die uns nähere Schlüsse über konkrete Aktivitäten erlaubten.

Aus diesem Grund erweiterten wir unseren Recherchehorizont um den Aspekt seines sozialen Umfeldes. Hierbei stießen wir über die Mannheimer Ausstellung „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ und Informationen seitens des NS-Dokumentationszentrums Rheinland-Pfalz in Kooperation mit der Landeszentrale Politische Bildung Rheinland-Pfalz auf die Mannheimer Gruppe „Neu Beginnen“. Diese gehörte zur antifaschistischen Untergrundbewegung „Neu Beginnen“. Über den Fakt, dass Carl Maria Kiesel Stützpunktleiter in Mannheim war, fanden wir schließlich in den Akten Tagebucheinträge Kiesels zur Widerstandsaktivität. Seine Darstellungen verwiesen auch auf die Mitgliedschaft Dornseiffs. Um den Leitlinien Wikipedias gerecht werden zu können, durften wir ausschließlich wissenschaftlich publizierte Forschungsliteratur verwenden, sodass uns seine Ausführungen zunächst wenig brachten.

Im Lesesaal des Marchivums wurden wir schließlich fündig. Über eine Vor-Ort-Recherche fanden wir einen Sammelband über den „Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Mannheim“ (Hrsg. Matthias, Erich/ Weber, Hermann). In dieser Publikation wurden die von uns gefundenen Archivalien ausgewertet und veröffentlicht, wonach wir sicher wussten, dass Dornseiff einerseits seine Wohnung für Gruppentreffen zur Verfügung stellte und andererseits zur Bespitzelung von nationalsozialistischen Organisationen in den Wehrverband „Stahlhelm“ eintrat. Er gehörte der Mannheimer Gruppe an, die etwa 12 bis 15 Personen umfasste.

Mit diesen wenigen Informationen und der Fotografie ergänzten wir schlussendlich Dornseiffs Wikipedia-Artikel. Der vollständige Artikel kann hier abgerufen werden.

How to draw a conclusion…

Mit unserem Wikipedia-Artikel möchten wir dem bereits verstorbenen Richard Dornseiff eine Stimme geben. Beugte sich auch die Mehrheit des deutschen Volkes einer faschistischen Ideologie, so gab es dennoch vereinzelten, regionalen und individuellen Widerstand. Gerade diese Tatsache sollte uns bestärken, dem stummen Helden Dornseiff eine würdige Bühne zu bieten, ohne dabei die allgemein nüchtern ausfallenden Widerstandsaktivitäten zu idealisieren. Auch der geringste dokumentarisch erfasste Widerstand ist ein Erinnern an alle Gegnerschaft des Nationalsozialismus und gleichzeitig ein Aufarbeiten jener Gräuel. Besonders heute sollte uns dieses Wikipedia-Projekt ein Wink mit dem Zaunpfahl und eine Aufforderung zum alltäglichen Kampf für Freiheit und gegen jede Art von Gewaltherrschaft sein.

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern viel Freude beim Lesen und möchten euch gerne motivieren, doch einmal bei dem transnationalen Gemeinschaftsprojekt „Wikipedia“ mitzumachen, denn „Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ein Ozean“ (Isaac Newton).

André und David

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